Kirchen (Wieder- ) eintritt

Zur Kirche zu gehören, ist längst keine Selbstverständlichkeit mehr. Wer seit der Kindheit durch die Taufe zur Kirche gehört, findet im Laufe des Lebens oft auch Anlässe, sich durch einen Kirchenaustritt von der Kirche zu trennen. Umgekehrt haben manche erst als Erwachsene Kontakt zur Kirche gefunden und wollen dazu gehören. Andere wollen den Austritt wieder rückgängig machen.
Die erste Stelle für ein Gespräch über den Kircheneintritt oder -wiedereintritt ist das Pfarramt.
In einem Abendmahlsgottesdienst werden Sie dann wieder in die Gemeinde aufgenommen. Bei Übertritten aus einer anderen Konfession ist in unserem Bundesland der vorherige Austritt aus der Heimatkirche notwendig. Die Aufnahme erfolgt dann ebenfalls nach Gesprächen über das Wesen der Evangelischen Kirche in einem Abendmahlsgottesdienst.

"Macht hoch die Tür..."  Evangelische Kirche will Aufnahme neuer und ehemaliger Mitglieder erleichtern

Von Rainer Clos (epd)

Frankfurt a.M. (epd). Die Evangelische Kirche will wachsen - gegen den Trend sinkender Mitgliederzahlen. Das Starren auf die Austrittszahlen habe zulange den Blick dafür versperrt, dass es auch eine gegenläufige Bewegung in die Kirche gibt. Dieser Befund ist einer der Eckpunkte im Impulspapier "Kirche der Freiheit", mit dem die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) vor drei Jahren die Weichen für Reformen gestellt hat.

Mit dieser Gegenbewegung, die auf Eintritten von Neumitgliedern, Wiederaufnahmen von ausgetretenen Protestanten und Übertritten von Angehörigen anderer Konfessionen beruht, setzt sich die EKD in einer neuen Studie intensiv auseinander. Und sie kassiert darin auch die mitunter noch anzutreffende Vorstellung ein, Beitrittswilligen werde eine öffentliche Bußübung abverlangt.

"Macht hoch die Tür", in dieser Formel lässt sich zusammenfassen, was der EKD-Text als Leitfaden den Kirchengemeinden für den Umgang mit kirchlich Interessierten an die Hand gibt. Die evangelische Kirche soll einladender werden und sich öffnen für Menschen, die sie verlassen haben oder ihr noch nie angehörten, aber wieder Kontakt zur Kirche suchen. Eine "Kultur des Willkommens" sollen sie vorfinden, lautet die Empfehlung.

Das Aufnahmeverfahren soll möglichst unkompliziert sein. Wenn Menschen zur evangelischen Kirche gehören wollen, dürften sie nicht den Eindruck bekommen, "einem bürokratischen Apparat mit vielen Anforderungen zu begegnen, sondern einer Atmosphäre der Offenheit und Gastfreundschaft", wird geraten. Eintrittswillige sollten mit ihren Lebensstilen und der von ihnen gewünschten Nähe oder Distanz zu Kirche anerkannt, auch nicht mit höheren Erwartungen konfrontiert werden als Kirchenmitglieder.

Bei der Mitgliedergewinnung beschreitet die evangelische Kirche schon seit einiger Zeit neue Wege. Kirchenkreise und Landeskirchen lancierten Kampagnen, in denen sie unkonventionell auf die "guten Gründe" für den Kircheneintritt aufmerksam machten. An immer mehr Orten gibt es spezielle Eintrittsstellen. Häufig sind sie angedockt an "City-Kirchen", aber auch in Kur- und Ferienorten, oder während der Adventszeit in Einkaufszentren zu finden.

Seit 2004 hat sich die Zahl dieser Büros von 50 auf mittlerweile 140 fast verdreifacht. Und offenbar ist dieser Weg eine Erfolgsgeschichte. Denn wo solche Büros bestehen, sind die Beitrittszahlen spürbar angestiegen, ergibt sich aus der Studie "Schön dass Sie (wieder) da sind!".

Allein in Nürnberg verzeichnete die Eintrittsstelle 500 Aufnahmen, bilanziert Pfarrerin Elke Wewetzer, die seit der Eröffnung vor drei Jahren die Kontaktstelle leitet. Im laufenden Jahr gab es bereits 130 Wiedereintritte. Ganz überwiegend seien die Rückkehrer, die allen Schichten und Altersgruppen entstammen, berufstätig und hätten sich somit bewusst auch für die Zahlung von Kirchensteuer entschieden, so Kirchenfrau Wewetzer. Sie führt die Attraktivität der Eintrittsstellen auch darauf zurück, dass Beitrittswillige vor einer Vereinnahmung durch den Gemeindepfarrer zurückscheuten.

Gefördert wird der Aufwärtstrend bei den Eintritten auch dadurch, dass die Rückkehr in die Kirche administrativ vereinfacht wurde. So gibt es in der EKD und den 22 Landeskirchen seit 2004 eine Regelung, wonach der Eintritt nicht auf jeden Fall bei der örtlichen Kirchengemeinde erfolgen muss, sondern man in den anerkannten Eintrittsstellen über landeskirchliche Grenzen hinweg Mitglied werden kann: ein Eintritt in Dresden wird auch in Saarbrücken anerkannt.

Und die Zahlen lassen sich sehen: Der Mitgliederzuwachs von jährlich mehr als 60.000 verteilt sich auf Wiedereintritte (26.500) Erwachsenentaufen (23.000) und Übertritte von ehemaligen Katholiken oder aus anderen Konfessionen. Zwischen 3,5 bis fünf Millionen dürfte sich Schätzungen zufolge die Zahl der Menschen bewegen, die zwar evangelisch getauft, aber aus der Kirche ausgetreten sind. In Scharen haben sie die Kirche verlassen, aber nur einzeln können sie zurückgewonnen werden, ist eine Grundtenor der EKD-Studie.

27. November 2009

Die Studie "Schön, dass Sie (wieder) da sind!" als pdf lesen


 

Evangelische Kirche will Wiedereintritte erleichtern

60.000 neue Mitglieder pro Jahr

Hannover (epd). Für neue Mitglieder will die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) einladender werden. Die Schwellen für den Eintritt neuer und die Rückkehr ehemaliger Mitglieder sollten so niedrig wie möglich sein, empfiehlt eine neue EKD-Studie, die am Freitag in Hannover veröffentlicht wurde. Darin wird dem Internet eine zunehmend Rolle beigemessen, um eine Kirchenmitgliedschaft anzubahnen. Ein Gespräch mit einem Pfarrer sollte allerdings für einen Eintritt verbindlich sein.

"Ich freue mich darüber, dass rund 60.000 Menschen jedes Jahr durch Erwachsenentaufen, Übertritte oder Wiederaufnahmen in Deutschland in die evangelische Kirche eintreten", schreibt die EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann im Vorwort. Sie wirbt dafür, Eintrittswillige mit einer "Willkommenskultur" aufzunehmen. Über den Austrittszahlen sei die erfreuliche große Zahl der Aufnahmen neuer Mitglieder aus dem Blick geraten, sagte die hannoversche Bischöfin bei der Präsentation der Studie. Im Reformprozess der Kirche gehe es zentral darum, "neue Zugänge zum christlichen Glauben zu vermitteln und die Kirche als Ort geistlicher Heimat" vorzustellen. In dem Text unter dem Titel "Schön, dass Sie (wieder) da sind!" werden unter anderem Tauf- und Einsteigerkurse angeregt.
Zu dem stabilen Trend bei der Aufnahme neuer Mitglieder tragen der Studie zufolge wesentlich die bundesweit 140 Eintrittsstellen bei, die es in City-Kirchen und Kirchenläden, aber auch befristet auf Stadtfesten und in Einkaufszentren gibt. Wo diese Anlaufstellen bestehen, sei die Zahl er Eintritte spürbar gestiegen. Seit 2004 gilt EKD-weit, dass ein Kircheneintritt nicht nur beim örtlichen Pfarramt, sondern auch in besonderen Eintrittstellen über landeskirchliche Grenzen hinweg erfolgten kann.

Von dem Mitgliederzuwachs geht der größte Teil auf Wiedereintritte (26.500) und Erwachsenentaufen (23.000) zurück. An dritter Stelle stehen Übertritte von ehemaligen Katholiken oder aus anderen Kirchen zur evangelischen Kirche, wozu sich jährlich mehr 9.000 Menschen entschließen. In West- und in Ostdeutschland treten Frauen den Angaben zufolge etwas häufiger der evangelischen Kirche bei als Männer. In den vergangenen Jahren kam auf zwei Austritte ein Eintritt. Die EKD hat knapp 25 Millionen Mitglieder.

Für Kircheneintritte ist der Studie zufolge überwiegend der Wunsch maßgeblich, das individuelle Verhältnis zur Kirche zu klären und wieder dazugehören zu wollen. Weitere Anlässe sind persönliche Anliegen oder biografische Ereignisse wie der Wunsch nach kirchlicher Trauung und die Übernahme einer Taufpatenschaft.

In dem Text wird ein möglichst unkompliziertes Aufnahmeverfahren befürwortet. Wenn Menschen zur evangelischen Kirche gehören wollten, dürften sie nicht den Eindruck bekommen, "einem bürokratischen Apparat mit vielen Anforderungen zu begegnen, sondern einer Atmosphäre der Offenheit und Gastfreundschaft". An Eintrittswillige sollten deshalb keine höheren Erwartungen gestellt werden als an Kirchenmitglieder, ihre Lebensstile und individuelle kirchliche Bindung seien anzuerkennen. In diesem Zusammenhang wird auch geraten, die Wiederaufnahme nicht als Vergebung einer Verfehlung gegen die Gemeinschaft zu inszenieren.

Eine gestufte Mitgliedschaft wird in der EKD-Studie abgelehnt. "Kirchenmitgliedschaft light" könne es nach evangelischem Verständnis nicht geben. Verwiesen wird hingegen auf unterschiedliche Beteiligungsformen. So könnten sich Nichtmitglieder in Fördervereinen für Kirchenmusik oder Kirchengebäude, aber auch in evangelischen Schulen und Kindergärten einbringen, wird argumentiert.

27. November 2009